Befindet sich ein Beschuldigter in einem Verfahren in Untersuchungshaft, ist ihm auch in anderen Verfahren, in denen er sich nicht in Untersuchungshaft befindet, ein Pflichtverteidiger zu bestellen.
Nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ist in seiner neuen Fassung einem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger zu bestellen, sobald er in Untersuchungshaft genommen wird. Es ist bisher nicht abschließend geklärt, ob sich diese Vorschrift auch auf weitere Verfahren erstreckt, in welchem kein Haftbefehl vollstreckt wird. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt – 3 Ws 351/10 – muss dem Beschuldigten auch in dem Verfahren ein Pflichtverteidiger bestellt werden, in welchem er sich nicht in Untersuchungshaft befindet. Das Oberlandesgericht nimmt in seiner Entscheidung Bezug auf eine ähnliche Vorschrift im Jugendstrafrecht. Im Rahmen des Jugendstrafrecht ist es weitgehend anerkannt, dass auch in weiteren Verfahren die Bestellung eines Pflichtverteidigers zu erfolgen hat. Da dem Gesetzgeber die Auslegung im Jugendstrafrecht bei der Schaffung des neuen § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO bekannt gewesen ist, kann deshalb die Auslegung im Jugendstrafrecht auf die Auslegung im Erwachsenenstrafrecht übertragen werden.