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Fachanwalt Strafrecht

Anwalt für Strafrecht: Pflichtverteidiger

Allein das Bestehen eines polytoxen Abhängigkeitsmusters eines drogenabhängigen Angeklagten rechtfertigt noch nicht die

Allein das Bestehen eines polytoxen Abhängigkeitsmusters eines drogenabhängigen Angeklagten rechtfertigt noch nicht die Annahme der Unfähigkeit zur selbständigen Verteidigung vor Gericht und einer damit verbundenen Pflichtverteidigerbestellung gem. § 140 Abs. 2 StPO

Das Kammergericht in Berlin hat mit Beschluss vom 23. Februar 2016 – 3 Ws 87/16 entschieden, dass allein das Bestehen eines polytoxen Abhängigkeitsmusters bei einem drogenabhängigen Angeklagten noch nicht für die Annahme ausreicht, der Angeklagte könne sich nicht selbst vor Gericht verteidigen und benötige deshalb gem. § 140 Abs. 2 StPO einen Pflichtverteidiger. Damit verwarf das Kammergericht die Beschwerde des Angeklagten gegen die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung durch das Landgericht Berlin.

Der Angeklagte hatte unter dem Einfluss von Alkohol und Rohypnol einen Imbissbetreiber verletzt und sich gegen seine anschließende Festnahme durch die Polizei gewehrt, weshalb er vom Amtsgericht wegen Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden war. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein und rügte, dass ein wichtiger Zeuge nicht gehört worden sei. Mehrere Wochen später beantragte der Angeklagte die Bestellung eines Pflichtverteidigers, was vom Landgericht jedoch abgelehnt wurde. Das Kammergericht bestätigt diese Entscheidung.

Neben den in § 140 Abs. 1 StPO genannten Fällen kann ein Pflichtverteidiger gem. § 140 Abs. 2 StPO auch dann bestellt werden, wenn ersichtlich ist, dass der Beschuldigte sich nicht selbst verteidigen kann. Die Verteidigungsfähigkeit des Beschuldigten ist nach den Ausführungen des Kammergerichts unter anderem nach seinen geistigen Fähigkeiten, seinem Gesundheitszustand und den sonstigen Umständen des Falles zu beurteilen. Als Indiz für eine Verhandlungsunfähigkeit gilt demnach eine gesetzliche Betreuung des Beschuldigten. Zwar bestehe beim Angeklagten ein polytoxes Abhängigkeitsmuster, jedoch sprechen mehrere Umstände nicht für eine Verteidigungsunfähigkeit des Angeklagten. So sei dieser pünktlich zum Verhandlungstermin erschienen, habe fristgemäß Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt, zusätzlich die nicht erfolgte Anhörung eines Zeugen gerügt und diesen auch namentlich benannt. Dies stelle ein vernünftiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten dar. Auch stehe der Angeklagte nicht unter Betreuung. Insgesamt weise das Verfahren auch keine anderen Besonderheiten auf, die eine notwendige Verteidigung begründen würden. Daher war die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung durch das Landgericht rechtmäßig. Das Kammergericht weist abschließend jedoch darauf hin, dass das Landgericht nicht gehindert sei, noch einen Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn sich die Situation in der Hauptverhandlung anders darstellen sollte.

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