Wird ein Strafverfahren gegen einen jugendlichen Angeklagten geführt, so muss dessen Vormund bzw. dessen gesetzlichem Vertreter am Schluss der Beweisaufnahme das letzte Wort gewährt werden.
Nach Schluss der Beweisaufnahme steht dem Angeklagten nach § 258 Abs. 2 StPO das letzte Wort zu. Wird ihm das letzte Wort nicht erteilt, so kann dies zur Aufhebung des Urteils führen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil durch die Äußerung des Angeklagten anders ausgefallen wäre.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 26. April 2017 – 4 StR 645/16 klargestellt, dass bei einer Hauptverhandlung gegen einen jugendlichen Angeklagten dessen Vormund bzw. dessen gesetzlichem Vertreter das letzte Wort erteilt werden muss. Denn nach § 258 Abs. 2 und 3 StPO i.V.m. § 67 Abs. 1 JGG ist den Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern in allen Fällen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, in denen der noch nicht volljährige Angeklagte ein Recht darauf hat.
In dem Verfahren gegen die Angeklagte wegen Mordes vor dem Landgericht Bielefeld hatte der Onkel der Angeklagten als ihr Vormund die gesetzliche Vertretung inne, sodass ihm Gelegenheit zur Stellungnahme hätte gegeben werden müssen. Da der BGH nicht ausschließen konnte, dass das Urteil im Falle der Gewährung des letzten Wortes an den Vormund anders ausgefallen wäre, musste der BGH das Urteil des Landgerichts Bielefeld aufheben.