Wird ein Brechmitteleinsatz zum Auffinden von Drogen fortgesetzt, obwohl das Opfer sich in einem körperlich kritischen Zustand befindet, so ist der Todeseintritt für einen erfahrenen Facharzt vorhersehbar und erfüllt damit den Tatbestand einer Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB.
In seinem Urteil vom 20.06.2012 – 5 StR 536/11 hob der BGH den zweiten Freispruch eines vor dem “Landgericht Bremen“ Angeklagten Arztes im Hinblick auf den tödlichen Einsatz von Brechmitteln bei einem mutmaßlichen “Drogenkurier“ erneut auf. Das Opfer war Anfang 2005 in Polizeigewahrsam gestorben, nachdem ihm der Arzt trotz seines kritischen Gesundheitszustandes gewaltsam Brechmittel eingeflößt hatte, um angeblich verschlucktes “Kokain“ zu sichern. Das Opfer brach bei dieser Prozedur zusammen, fiel ins Koma und starb daraufhin im Krankenhaus. Das Landgericht Bremen sprach den Angeklagten in zwei Prozessen vom Vorwurf der “Körperverletzung mit Todesfolge“ frei.Diese Entscheidung kassierte der BGH nun erneut und machte deutlich, dass der Angeklagte den Todeseintritt des Opfers hätte erkennen können und müssen. Dazu führte er aus, dass die Fortsetzung des Brechmitteleinsatzes aufgrund des Risikos von erneuten Komplikationen nicht durch § 81a StPO gedeckt war und demnach eine rechtswidrige “Körperverletzungshandlung“ darstellt. Außerdem habe der Arzt, durch die Fortführung des Brechmitteleinsatzes trotz Verschlechterung des Gesundheitszustandes beim Opfer nach der ersten Phase, seine Sorgfaltspflicht verletzt. In dieser Situation hätte er den Todeseintritt des Opfers nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten als Arzt vorhersehen müssen, auch wenn die Todesursache durch viele Faktoren ausgelöst wurde. Denn auch mit Komplikationen aufgrund nicht auf den ersten Blick erkennbarer Vorschädigungen müsse der fachkundige Arzt bei einem so gearteten Zwangseingriff stets rechnen.Der Rechtsstreit um den tödlichen Brechmitteleinsatz geht damit in die dritte Runde, die erneut vor einer anderen Schwurgerichtskammer des Landgerichts Bremen verhandelt werden muss.