Macht das Gericht von der bei einer versuchten Tat möglichen Strafmilderung nicht Gebrauch, so darf es die Vollendungsnähe und Gefährlichkeit des Versuchs nicht noch einmal strafschärfend berücksichtigen.
Wird eine Straftat lediglich versucht und nicht vollendet, so hat das Gericht die Möglichkeit, die Strafe gemäß § 23 Abs. 2 StGB zu mildern. Lehnt das Gericht diese, zugunsten des Angeklagten wirkende, Strafrahmenverschiebung ab, so muss es die konkrete Höhe der Strafe an dem für die vollendete Tat vorgesehenen Strafrahmen bemessen. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 12. Mai 2016 – 5 StR 102/16 darf das Gericht dann aber die Gefährlichkeit des Versuches und die Vollendungsnähe nicht doppelt zu Lasten des Angeklagten berücksichtigen. Dies hatte das Landgericht Leipzig bei der Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten nicht berücksichtigt. Es machte wegen der Gefährlichkeit und den schweren Verletzungen des Opfers nicht von der möglichen Strafmilderung beim Versuch Gebrauch und stellte dann bei der konkreten Strafzumessung erneut auf die Gefährlichkeit des Versuchs ab. Der BGH hob deshalb den Strafausspruch auf.