Eine Körperverletzung durch Unterlassen kann dadurch bewirkt werden, dass der Garant dem behandlungsbedürftigen Betroffenen die gebotene ärztliche Versorgung nicht zukommen lässt.
Eine vorsätzliche Körperverletzung durch Unterlassen kann durch einen beschuldigten Garanten verwirklicht werden, wenn er den Eintritt eines tatbestandlichen Erfolges trotz vorhandener Möglichkeit pflichtwidrig nicht abwendet. In seinem Urteil vom 22. November 2016 (1 StR 354/16) setzte sich der Bundesgerichtshof damit auseinander, ob eine Körperverletzung durch Unterlassen auch darin liegen kann, einer behandlungsbedürftigen Person die gebotene ärztliche Versorgung nicht zukommen zu lassen. Der Beschuldigte befand sich auf einer Feier des Betroffenen. Der Beschuldigte führte eine ½ Liter Flasche mit hoch konzentriertem GBL mit sich. Von der Konzentration und den potentiellen Auswirkungen des GBL bei unverhältnismäßigem Konsum hatte der Beschuldigte Kenntnis. Der Beschuldigte stellte die Flasche im Wohnzimmer des Betroffenen ab. Der Betroffene trank, in Unkenntnis der hohen Konzentration des GBL, eine lebensgefährdende Dosis aus der Flasche. Dies wurde dem Beschuldigten mitgeteilt. Der Beschuldigte organisierte, trotz seiner Kenntnis über die Konzentration des GBL, nicht die notwendige ärztliche Hilfe. Der Betroffene musste ins Krankenhaus eingeliefert und zwischenzeitlich maschinell beatmet werden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann Taterfolg bei der Körperverletzung auch darin liegen, dass bei einem behandlungsbedürftigen Zustand einer Person die gebotene ärztliche Versorgung nicht bewirkt wird. Der Betroffene war nach Konsum des GBL in behandlungsbedürftigem Zustand. Die Verschlechterungen des Gesundheitszustands des Betroffenen durch die Wirkungen des GBL stellen eine Gesundheitsschädigung in Sinne einer Körperverletzung dar. Der Beschuldigte hatte aufgrund seiner Kenntnis über die Gefährlichkeit des GBL die Pflicht zur Abwendung dieser Gesundheitsschädigungen.