Die lang andauernde Untersuchungshaft eines Angeklagten kann, wenn dieser zuvor noch nie inhaftiert war, unter dem Kriterium der besonderen Haftempfindlichkeit als Strafmilderungsgrund in Betracht gezogen werden.
In seinem Urteil vom 24.03.2015 – 5 StR 6/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, dass die Haftempfindlichkeit eines Angeklagten, im Gegensatz zum Vollzug der Untersuchungshaft an sich, durchaus als Strafmilderungsgrund in Betracht gezogen werden kann.Das Landgericht Berlin hatte zuvor einen minder schweren Fall des Totschlags angenommen und im Rahmen der Gesamtwürdigung die lang andauernde Untersuchungshaft von sechs Monaten als Belastungsgrund für den bisher unbestraften Angeklagten gewertet. Dies sah der BGH in seinem Urteil als rechtsfehlerfrei an, da das Landgericht den Gesichtspunkt der längeren Untersuchungshaft ausdrücklich in Bezug zu der bisherigen Unbestraftheit des Angeklagten gesetzt hatte. Damit habe das Landgericht eine besondere Haftempfindlichkeit des zuvor noch nie inhaftierten Angeklagten zum Ausdruck gebracht und nicht lediglich den Vollzug von Untersuchungshaft an sich strafmildernd berücksichtigt. Die Untersuchungshaft an sich kann nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht strafmildernd berücksichtigt werden.