Die für den Erlass eines Haftbefehls erforderliche Fluchtgefahr kann nicht damit begründet werden, dass bei einer Straferwartung in bestimmter Höhe stets ein rechtlich beachtlicher Fluchtanreiz bestehe.
Für den Erlass eines Haftbefehls ist ein Haftgrund erforderlich, der unter anderem mit Fluchtgefahr belegt werden kann. Fluchtgefahr ist gegeben, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte sich zumindest für eine gewisse Zeit dem Strafverfahren entziehen wird. Wann dies der Fall ist, beurteilt sich nach den konkreten Umständen im Einzelfall. Jedenfalls darf aber allein von einer zu erwartenden Strafhöhe nicht auf Fluchtgefahr geschlossen werden, wie das Kammergericht mit Beschluss vom 13. September 2016 – 4 Ws 130/16 – 161 AR 70/16 entschieden hat. Vielmehr verbiete sich jede schematische Beurteilung anhand genereller Maßstäbe. Denn andernfalls würde es ab einer bestimmten Straferwartung zu einer unzulässigen Haftgrundvermutung kommen.Das Landgericht Berlin hatte die zur Aufrechterhaltung eines Haftbefehls erforderliche Fluchtgefahr des Angeklagten damit begründet, dass der Angeklagte mit einer deutlich höheren Freiheitsstrafe als zwei Jahre rechnen müsse, was wiederum die Fluchtgefahr indiziere. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung bereits zwei Jahre in Untersuchungshaft.