Die Auslieferung eines Verfolgten zur Strafvollstreckung ist unzulässig, wenn seitens des ersuchenden Staates keine verbindliche Zusicherung zu den erwartenden Haftbedingungen und zur Überprüfung durch deutsche Behördenvertreter vorliegt.
Die seit einem Jahr andauernden politischen und justiziellen Entwicklungen in der Türkei und deren Auswirkungen insbesondere auf die Haftbedingungen in der Türkei stehen aus völkerrechtlichen Gründen der Auslieferung zur Strafvollstreckung entgegen. Aus diesem Grund machen die deutschen Gerichte die Zulässigkeit einer Auslieferung davon abhängig, dass die Türkei eine völkerrechtlich verbindliche Zusicherung zu den den Verfolgten konkret erwartenden Haftbedingungen und zur Überprüfbarkeit durch deutsche Behördenvertreter mit folgenden Inhalten abgibt:
Angabe der – in einer Entfernung von maximal 250 Kilometern zur Deutschen Botschaft oder zu einem Deutschen (General-)Konsulat befindlichen – Haftanstalt (genaue namentliche Bezeichnung der Haftanstalt), in die der Verfolgte nach erfolgter Auslieferung aufgenommen und in der er während der Dauer des Freiheitsentzugs inhaftiert sein wird;
Zusicherung, dass die räumliche Unterbringung und die sonstige Gestaltung der Haftbedingungen in dieser Haftanstalt den europäischen Mindeststandards entsprechen und den Häftlingen dort keine unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung im Sinne von Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten droht;
Beschreibung der Haftbedingungen in der namentlich benannten Haftanstalt, insbesondere im Hinblick auf: Zahl der Haftplätze, Gesamtzahl der Gefangenen, Anzahl, Größe und Ausstattung der Hafträume (insbesondere auch Angaben zu Fenstern, Frischluftzufuhr und Heizung), Belegung der Hafträume, Ausstattung der Haftanstalt mit sanitären Einrichtungen, Verpflegungsbedingungen, Art und Bedingungen des Zugangs der Häftlinge zu medizinischer Versorgung;
Zusicherung, dass Besuche durch diplomatische oder konsularische Vertreter der Bundesrepublik Deutschland beim Verfolgten während der Dauer seiner Inhaftierung – auch unangekündigt – möglich sind.
Zuletzt hat das Kammergericht Berlin dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin auf Anordnung einer Auslieferungshaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG) nicht entsprochen, weil die Türkei lediglich unzureichende allgemein gehaltene Erklärungen zu Haftbedingungen abgegeben hatte (Beschluss vom 17.01.2017 Aktenzeichen: (4) 151 AuslA 11/16 (10/17)). Diese Entscheidung erfolgte in Übereinstimmung mit der Auffassung des OLG München (Beschluss vom 16.08.2016 Aktenzeichen: 1 AR 252/16). Das OLG München hatte in vielen vergleichbaren Fällen die Zulässigkeit einer Auslieferung aufgrund der durch die türkischen Behörden erfolgten pauschalen Zusicherungen verneint. Des Weiteren sind die deutschen Gerichte der Auffassung, dass allein die Höhe der zu vollstreckenden Strafe den Haftgrund für eine Auslieferungshaft nicht begründen kann. Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin beruht auf § 73 Satz 1 IRG (Grenze der Rechtshilfe) i.V.m. Art. 3 EMRK (Verbot der Folter).