Der Tatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 Abs. 3 StGB ist nicht erfüllt, wenn Polizeibeamte dem Betroffenen falsch belehren und die Diensthandlung dadurch rechtwidrig i. S. d. § 113 Abs. 3 S. 1 StGB ist.
Mit Beschluss vom 23.07.2012 – 31 Ss 27/12 – hob das OLG Celle die Verurteilung eines Angeklagten wegen “Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“ und einer vorsätzliche “Körperverletzung“ auf. Der Angeklagte wurde von zwei Polizeibeamten wegen des Verdachts einer “Trunkeinheitsfahrt“ angehalten. Allerdings belehrten die Polizeibeamten den Angeklagten nicht über den konkreten Verdacht einer Verkehrsstraftat, sondern eröffneten gegenüber diesen lediglich die Durchführung einer allgemeinen Verkehrskontrolle. Auf die Frage des Angeklagten nach der Berechtigung ihres Vorgehens, wurde diesem erklärt, dass die Polizeibeamten jederzeit das Recht hätten, eine allgemeine Fahrzeugkontrolle i. S. d. § 36 Abs. 5 StVO durchzuführen. Der Angeklagte setze sich daraufhin mit Beschimpfung und körperlicher Gewalt zur Wehr. Es kam zu einer Rangelei beim sich ein Polizeibeamter körperliche Schmerzen zuzog. Daraufhin brachte ein Polizeibeamter den Angeklagten zu Boden, wo er diesen dann wegen des Verdachts der Straftaten der Beleidigung und des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte belehrte.
Das OLG Celle machte in seinem Beschluss deutlich, dass der Tatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 Abs. 3 StGB als objektive Bedingung der Strafbarkeit voraus setzt, dass die maßgebliche Diensthandlung der ein Widerstand entgegengesetzt wird, rechtmäßig ist. Wird die Rechtmäßigkeit einer Diensthandlung nicht bewiesen, so stellt die Diensthandlung einen rechtswidrigen Angriff da, gegen den der Betroffene grundsätzlich ein Notwehrrecht besitzt (BGHSt 4, 163). Dies erfasst auch eine hiermit in Zusammenhang stehende Körperverletzung (OLG Hamm, GA 73, 245). Der Entscheidung zufolge haben die tätig gewordenen Polizeibeamten den Betroffen im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle zur Herausgabe seiner Fahrzeugpapiere aufgefordert. Über die den konkreten Verdacht einer Verkehrsstraftat oder eine Ordnungswidrigkeit wurde der Betroffen jedoch nicht belehrt. Weiterhin wurde dem Betroffen auf seine Frage nach der Berechtigung ihres Vorgehens erklärt, dass die Polizeibeamten jederzeit das Recht hätten, eine Fahrzeugkontrolle i. S. d. § 36 Abs. 5 StVO durchzuführen und die Verkehrstauglichkeit des Fahrers zu überprüfen. Allerdings besteht für die allgemeine Verkehrskontrolle kein Raum, wenn das Anhalten eines Verkehrsteilnehmers wegen des konkreten Verdachts einer Verkehrsstraftat oder Verkehrsordnungswidrigkeit erfolgt ist (BGH NStZ 1984, 270).
Zwar wurde der Betroffenen hier auch über den Tatvorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und der vorsätzlichen Körperverletzung belehrt, jedoch nicht über den konkreten Verdacht der Trunkenheitsfahrt, einer Ordnungswidrigkeit oder zu mindestens eines Versuchs der Trunkenheitsfahrt. Dies führt zum Fehlen der Rechtmäßigkeit der maßgeblichen Diensthandlung der Polizeibeamten und berechtigte den Betroffen damit zur Ausübung seines Notwehrrechts. Damit sprach das Gericht den Anklagten vom Vorwurf der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und der vorsätzlichen Körperverletzung frei.