Bringt der Angeschuldigte auf einem Verkehrszeichen ein Hakenkreuz mit Papierfetzen eines Bieretiketts an und entfernt dieses sofort wieder, ohne dass ein nicht überschaubarer Personenkreis davon Kenntnis genommen hat, liegt kein öffentliches Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB vor.
Das Amtsgericht Rudolstadt lehnte in seinem Beschluss 375 Js 28454/12 -1 Ds jug vom 5.12.2012 die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen Angeschuldigten ab, der von der Staatsanwaltschaft wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB angeklagt wurde.Der Angeschuldigte hatte ein nationalsozialistisches Kennzeichen auf einem Verkehrsschild angebracht, indem er angefeuchtete und zerteilte Fetzen eines Bieretiketts in Form eines Hakenkreuzes auf dem Schild anordnete. Noch bevor es ihm gelungen war, das Zeichen wieder abzuwischen, wurde er von zwei Polizeibeamten entdeckt.Das Gericht führte hierzu aus, dass eine Verwendung eines nationalsozialistischen Kennzeichens im Sinne des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB erst dann vorliegt, wenn die Art der Verwendung die Wahrnehmbarkeit für einen größeren, durch persönliche, nähere Beziehungen nicht zusammenhängenden Personenkreis ermöglicht. Dabei sei nicht die Öffentlichkeit des Ortes, sondern der unbestimmte und unbeschränkte Personenkreis, für den das Kennzeichen wahrnehmbar ist, entscheidend. Folglich fehle es regelmäßig an der Öffentlichkeit der Verwendung, wenn das Kennzeichen nur gegenüber einzelnen Personen gebraucht wird. Die bloße Möglichkeit des Hinzutretens von Dritten reiche nicht aus. Da das Hakenkreuz lediglich von den beiden Polizeibeamten gesehen wurde und zudem beim Antreffen des Streifenwagens sofort entfernt wurde, konnte das Amtsgericht hier mangels Erfüllung des Tatbestandes kein Hauptverfahren gegen den Angeschuldigten eröffnen.