Kein Mord aus Heimtücke an zweitem Opfer, wenn das zweite Opfer aufgrund der Beobachtung der Tötung es ersten Opfers nicht mehr arglos war
Als “Mörder“ mit lebenslanger “Freiheitsstrafe“ gem. § 211 StGB wird bestraft, wer die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers zur Tötung ausnutzt.
Ein Opfer ist arglos, wenn es nicht mit einem Angriff auf das Leben rechnet. Abzustellen ist hierbei grundsätzlich auf den Zeitpunkt des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs. Der maßgebliche Zeitpunkt ist nach der Rechtsprechung dann vorzuverlegen, wenn der Täter dem Opfer bereits feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz bemessen ist, dass für das Opfer keine Möglichkeit besteht, dem Angriff irgendwie zu begegnen.
In der Entscheidung des BGH vom 15.09.2011 – 3 StR 223/11 – hatte das zweite Tatopfer die unmittelbar zuvor stattgefundene heimtückische Tötung des ersten Tatopfers wahrgenommen. Deshalb konnte das zweite Tatopfer nach Auffassung des BGH nicht mehr arglos sein, da dem Angriff auf das zweite Tatopfer die besondere Gefährlichkeit der Tatbegehung fehlte. Das Tatopfer wurde nicht in einer besonderen hilflosen Lage überrascht. Der enge räumliche und zeitliche Zusammenhang zur heimtückischen Tötung des ersten Tatopfers allein ist für die Annahme der heimtückischen Tötung des zweiten Opfers nicht ausreichend.