Bei einem Angriff auf die Ehre eines Menschen muss das Gericht im Rahmen einer möglichen Strafbarkeit wegen Beleidigung oder übler Nachrede aufgrund unterschiedlicher Strafbarkeitsgrenzen eine Abgrenzung zwischen Werturteil und Tatsachenbehauptung vornehmen.
In einer Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 30.04.12 – 161 Ss 80/12 – musste sich das Kammergericht Berlin im Rahmen einer Verurteilung wegen “Verleumdung“ als Revisionsgericht mit der Frage auseinandersetzen, ob die Formulierung „Alkoholiker“ eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil darstellt. Werturteile sind unter Berücksichtigung der von Art. 5 GG geschützten Meinungsfreiheit auf etwaiges strafrechtlich relevantes ehrverletzendes Verhalten zu prüfen. Die strafrechtliche Beurteilung von Tatsachenbehauptungen wird grundsätzlich vom Wahrheitsgehalt der Aussage abhängig gemacht. Ein Werturteil kann auch vorliegen, wenn der tatsächliche Gehalt einer Äußerung so substanzarm ist, dass auch ein etwaig erkennbarer Tatsachenkern gegenüber der persönlichen Wertung vollständig in den Hintergrund tritt. Bei der notwendigen Auslegung einer Formulierung darf das Gericht auch nicht einseitig auf die für den Beschuldigten ungünstigste Auslegungsalternative abstellen. Vielmehr sind alternative, nicht völlig abwegige Deutungsmöglichkeiten einer Aussage mit schlüssigen Argumenten auszuschließen, bevor eine Verurteilung wegen “Beleidigung“ oder “Verleumdung“ erfolgen kann.