Wird dem Angeklagten bei kurzfristiger Erkrankung des Pflichtverteidigers für einen Tag der Hauptverhandlung ein anderer Verteidiger bestellt, um einen Zeugen aus dem Ausland vernehmen zu können, ohne dass sich der Ersatzverteidiger in die Sache einarbeiten konnte, so stellt dies eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung dar.
In seinem Urteil vom 20. Juni 2013 – 2 StR 113/13 stellte der BGH fest, dass die Regeln der notwendigen Verteidigung nach §§ 140, 145 Abs. 1 StPO verletzt sein können, wenn bei kurzzeitiger Erkrankung des Pflichtverteidigers ein anderer Verteidiger bestellt wird, obwohl dem Gericht die Aussetzung der Hauptverhandlung möglich gewesen wäre.Dazu führt der BGH aus, dass die grundsätzliche Entscheidung darüber, ob bei Ausbleiben des Verteidigers ein neuer Verteidiger beizuordnen oder die Hauptverhandlung auszusetzen oder zu unterbrechen ist, im Ermessen des Gerichts steht. Dafür sei entscheidend, ob der Strafverteidiger sich selbst für hinreichend vorbereitet hält, wobei das Gericht grundsätzlich nicht dazu berufen sei dies zu überprüfen. Lediglich in Fällen, bei denen der Verteidiger objektiv nicht genügend Zeit hatte sich vorzubereiten, gebiete die Fürsorgepflicht des Gerichts die Prüfung oder Aussetzung des Verfahrens.Im zu verhandelnden Fall hatte der neue Verteidiger, trotz erheblichen Aktenumfangs, nur eine Stunde Zeit, um sich in das Verfahren einzuarbeiten. Da er sich aufgrund dieser kurzen Vorbereitungszeit nicht annähernd auf den Stand des Verfahrens bringen konnte, hätte das Gericht davon ausgehen müssen, dass die Verteidigung nicht mit der vom Gesetz verlangten Sicherheit geführt werden kann. Auch die Absicht, einem Zeugen aus dem Ausland die erneute Anreise zu ersparen, könne das rechtstaatlich gebotene Recht auf eine angemessene und effektive Verteidigung nach Art. 6 Abs. 3c EMRK nicht wirksam beschränken.