Der Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Strafgefangenen ist nicht erfüllt, wenn die sexuellen Handlungen auf einer langjährigen Liebesbeziehung und nicht auf einem Über- Unterordnungsverhältnis beruhen, da in diesem Fall nicht die berufliche Stellung im Sinne des § 174a Abs. 1 StGB ausgenutzt wird.
Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 19.12.2014 – 5 OLG 15 Ss 606/14 entschieden, dass sich eine zur Betreuung von Gefangenen bestellte Person nicht wegen sexuellen Missbrauchs von Strafgefangenen strafbar macht, wenn sich die zwischen ihr und dem Gefangenen ausgetauschten sexuellen Handlungen aus einer langjährigen Liebesbeziehung entwickeln, die auch nach der Haft fortgeführt wird. In diesem Fall nutze die zur Betreuung eingesetzte Person ihre Stellung nicht im Sinne des § 174a StGB aus. Angenommen wird ein sexueller Missbrauch hingegen, wenn das zwischen der betreuenden Person und dem Gefangenen bestehende Über- Unterordnungsverhältnis derart ausgeprägt ist, dass der Gefangene nur aufgrund der Stellung der betreuenden Person an sexuellen Handlungen mitwirkt.In dem zu verhandelnden Fall hatte eine Anstaltspsychologin mit einem von ihr zu behandelnden Häftling in 10 Fällen Geschlechtsverkehr und wurde deshalb wegen sexuellen Missbrauchs von Strafgefangenen verurteilt. Da sich die sexuellen Handlungen jedoch innerhalb einer langjährigen Liebesbeziehung abspielten, die später sogar zu einer Schwangerschaft der Anstaltspsychologin führte, hob das OLG München das Urteil der Vorinstanz auf. In drei anderen Fällen, in denen es zwischen der Psychologin und einem anderen Gefangenen, mit dem sie keine Liebesbeziehung führte, zum Austausch sexueller Handlungen kam, ließ das OLG München die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs bestehen.