Unter Umständen kann auch ein starker Fluchtwille des Angeklagten ein ausschlaggebendes Indiz für die Annahme darstellen, dass er auch den Tod anderer Personen als mögliche Folge seines Handelns in Kauf genommen hat.
In seiner Entscheidung vom 24. März 2021 (4 StR 142/20) musste sich der Bundesgerichtshof mit dem Tötungsvorsatz in den sog. Polizeifluchtfällen auseinandersetzen. Vorliegend hatten der Angeklagte und seine zwei Mittäter einen Transporter aufgebrochen und daraus diverse Koffer mit Werkzeug entwendet. Dabei waren sie von zivilen Polizeibeamten beobachtet worden, weshalb der Angeklagte und seine Mittäter sich mit dem Fahrzeug des Angeklagten auf die Flucht begaben. Im Laufe dieser Flucht fuhr der Angeklagte mit Vollgas auf eine Kreuzung, wo er eine Fußgängerin erfasste und tödlich verletzte. Anschließend prallte er gegen ein parkendes Auto, wobei der Beifahrer des Angeklagten tödliche Verletzungen erlitt. Der BGH führt aus, dass die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes in zwei Fällen durch das Landgericht Berlin revisionsrechtlicher Überprüfung standhält. Dem Angeklagten sei sowohl die hohe Gefährlichkeit seines Handelns als auch das Risiko für tödliche Verletzungen anderer Personen bewusst gewesen. Das Vorgehen des Angeklagten bei dem Versuch seiner Festnahme wie auch seine anschließende Flucht lassen auf ein außerordentliches Maß an Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen anderer schließen. Hierbei stellt insbesondere der starke Fluchtwille des Angeklagten ein ausschlaggebendes Indiz für die Annahme dar, der Angeklagte habe auch den Tod anderer als mögliche Folge seines Handelns in Kauf genommen.