Bei der Bewertung einer freiwilligen Vollendungsverhinderung beim beendeten Versuch ist es entscheidend, ob der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ bleibt.
Wann ist ein freiwilliger Rücktritt beim beendeten Versuch noch möglich? Mit der Beantwortung dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR 324/23) in seinem Beschluss vom 10. Januar 2024 auseinandersetzen. Der Angeklagte fand in der Vergangenheit einen Ausgleich für die von ihm gefühlte Zurückweisung durch Frauen, in dem Anschauen von gewaltbezogener Pornographie. In den Filmen wurden Frauen erschlagen oder erschossen und anschließend sexuell missbraucht. Als der Angeklagte für einen Auftrag in die Wohnung der Geschädigten gerufen wurde und mit dieser alleine war, entschied er sich dazu, diese Gewaltfantasien auszuleben. Er erschlug die Nebenklägerin mehrfach mit einem Hammer, um sie anschließend sexuell zu missbrauchen. Aufgrund des massiven Verletzungsbildes kam es jedoch nicht zu sexuellen Handlungen. Als er die Wohnung verließ, spielte er vor Passanten vor, dass er einen Einbrecher verfolgen würde, der zuvor eine Frau in einer Wohnung angegriffen habe. Dabei hielt er eine Zeugin dazu an, einen Krankenwagen zu rufen. Das tat er jedoch nicht aus freien Stücken, sondern da ihm der gefühlte innere seelische Druck keine Handlungsalternative ließ. Insbesondere war er um die sozialen, beruflichen und strafrechtlichen Konsequenzen seiner Tat besorgt. Die Geschädigte konnte durch die medizinische Hilfe gerettet werden. Das Landgericht Würzburg verurteilte den Angeklagten unter anderem wegen versuchten Mordes aus Heimtücke und zur Befriedigung des Geschlechtstriebes. Einen Rücktritt lehnt auch der Bundesgerichtshof ab.[nbsp] Demnach ist bei der freiwilligen Vollendungsverhinderung beim beendeten Versuch entscheidend, ob der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ bleibt und auf der Grundlage eine willensgesteuerte Entscheidung die Vollendung der Tat verhindert. Vorliegend hat der Angeklagte die Rettungskette aber erzwungenermaßen in Gang gesetzt und deshalb den Erfolg nicht freiwillig verhindert.[nbsp]